Wenn die Tage im Spätherbst immer kürzer werden und das Wetter sich langsam aber sicher immer mehr eintrübt, dann macht sich bei vielen Menschen ein Gefühl der Antriebslosigkeit und der Melancholie breit. Im Volksmund wird dieses Phänomen oft auch als „Winterblues“ bezeichnet. In besonders schwerwiegenden Fällen sprechen Mediziner sogar von einer Winterdepression. Im folgenden Artikel erklären wir, was es mit dieser Form der Depression auf sich hat, durch welche Symptome sie gekennzeichnet ist und was man dagegen tun kann.
Inhaltsübersicht
Was ist eine Winterdepression?
Die Winterdepression ist eine spezielle Form der Depression. Die seelische Störung tritt ausschließlich in den dunklen Herbst- und Wintermonaten auf, so dass bei ihr ein klarer jahreszeitlicher Bezug erkennbar ist. Weil diese Form der Depression meist bereits im Herbst beginnt, wird sie manchmal auch als Herbstdepression bezeichnet. Der korrekte wissenschaftliche Begriff lautet allerdings saisonal-abhängige Depression, abgekürzt SAD (= Seasonal Affective Disorder).
Die Winterdepression tritt im Vergleich zu den verschiedenen Formen der depressiven Verstimmungen vergleichsweise selten auf. Dennoch leiden Untersuchungen zufolge ca. 1 bis 3 Prozent der Menschen unter dieser jahreszeitabhängigen Form der Depression. Frauen sind den Untersuchungen nach zudem deutlich häufiger betroffen als Männer.
Symptome bei Winterdepression
Die Winterdepression bzw. saisonal-abhängige Depression wird durch die folgenden Symptome charakterisiert:
- Anhaltende Müdigkeit
- Antriebslosigkeit
- Traurigkeit und Melancholie
- Unausgeglichenheit und Gereiztheit
- Vernachlässigung von sozialen Kontakten und der eigenen Person
- Heißhunger auf Süßigkeiten
Zu beachten gilt es zusätzlich, dass Mediziner nur dann von einer Winterdepression sprechen, wenn ein jahreszeitlicher Bezug erkennbar ist, die Symptome über einen längeren Zeitraum anhalten und regelmäßig – das heißt jährlich – wiederkehren.
Unterschiede zur klassischen Depression
Die saisonal-abhängige Depression äußert sich in vielen Punkten ganz ähnlich zur klassischen Depression, es gibt jedoch auch einige wichtige Unterschiede.
Klassische Depression
Das Beschwerdebild bei der klassischen Depression sieht so aus, dass die Betroffenen vor allem unter Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und grundloser und nicht-korrigierbarer Traurigkeit leiden. Zusätzlich können auch noch Minderwertigkeitsgefühle, Ängste, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen und verstärkte Empfindlichkeit oder Reizbarkeit auftreten.
Viele Depressive nehmen ihre Situation als hoffnungslos wahr und beschreiben ein Gefühl der inneren Leere. Appetitlosigkeit, permanentes Grübeln und Einschlaf- bzw. Durchschlafprobleme sind ebenfalls kennzeichnend für die klassische Depression.
Saisonal-abhängige Depression
Fast alle der Symptome der klassischen Depression können auch bei Betroffenen der Winterdepression vorhanden sein. In einigen Punkten unterscheidet sich die saisonal-abhängige Depression allerdings auch erheblich von der klassischen Depression. Der wichtigste Unterschied ist dabei der streng jahreszeitliche Bezug. Die Winterdepression tritt lediglich während der Wintermonate auf klingt mit Beginn des Frühlings meist von allein wieder ab.
Während die Betroffenen der klassischen Depression häufig über Schlafprobleme klagen, ist dies bei der Winterdepression nicht der Fall, denn hier ist die anhaltende Müdigkeit eines der wichtigsten Symptome. Bei der klassischen Deperession kommt es aufgrund von Appetitlosigkeit häufig zu einer Gewichtsabnahme. Bei der Winterdepression ist es genau anders herum: durch den Heißhunger auf Süßigkeiten nehmen viele Betroffene während der Wintermonate zu.
Ursachen für die Winterdepression
Die Winterdepression ist keine Entdeckung der letzten Jahrzehnte. Stattdessen ist sie bereits mindestens seit der Antike bekannt und selbst der berühmte Hippokrates berichtete schon über sie. Schon zu dieser Zeit erkannte man, dass auch ein ursächlicher Zusammenhang bezüglich der Jahreszeit existiert. Heute weiß man, dass dieser vor allem in den veränderten Lichtverhältnissen begründet liegt.
Licht ist entscheidend an der Steuerung des menschlichen Tag-Nacht-Rhythmus beteiligt, indem es auf unseren Hormonhaushalt einwirkt. Das Sonnenlicht wird durch spezielle Rezeptoren auf der Netzhaut des Auges aufgenommen und von dort bis zur Zirbeldrüse im Gehirn weitergeleitet. Die Zirbeldrüse ist unter anderem für die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin verantwortlich. Dieses Hormon macht den Menschen müde und schläfrig und wird immer dann ausgeschüttet wenn es dunkel ist.
Sonnenlicht hingegen sorgt dafür, dass die Melaninausschüttung beendet wird. Auf diese Art und Weise ist das Tageslicht dafür verantwortlich, dass die innere Uhr des Menschen mit dem Tag-Nacht-Rhythmus der Erde synchronisiert bleibt. Kommt es nun zu einem Lichtmangel, zum Beispiel weil die Tage während des Winters kürzer und dunkler sind, kann unsere innere Uhr aus dem Takt geraten.
Bei der Winterdepression liegt also aufgrund von Lichtmangel eine Störung im sogenannten circadianen Rhythmus (= innere Uhr des Menschen) vor. Diese äußert sich vor allem dadurch, dass das Gehirn zuviel Melanin ausschüttet. Da der menschliche Körper das Melanin durch Umwandlung des Neurotransmitters Serotonin herstellt, kommt es zudem zu einem Absinken des Serotoninspiegels. Dies ist insofern problematisch, dass Serotonin das natürliche Glückshormon im menschlichen Körper ist.
Durch die zu hohe Melaninausschüttung und den gleichzeitig niedrigen Serotoninspiegel kommt es dann zu den typischen Symptomen der Winterdepression. Die Betroffenen sind ständig müde und antriebslos, leiden an einer bedrückten Grundstimmung und haben einen übermäßigen Appetit auf Schokolade und andere Süßigkeiten. Der Heißhunger auf Schokolade kommt dabei dadurch zustande, dass der Körper das in der Schokolade enthaltene Tryptophan zur Produktion von Serotonin benötigt.
Diagnose der Winterdepression
Es gibt einige Anhaltspunkte anhand derer man eine Winterdepression diagnostizieren kann. Wenn man an mehreren der im entsprechenden Abschnitt aufgeführten Symptome leidet und ein jahreszeitlicher Bezug erkennbar ist, dann spricht das schon für eine Winterdepression. Man sollte dabei jedoch beachten, dass einige der Symptome nicht nur ein Anzeichen für die Winterdepression sondern auch für andere Erkrankungen sein können.
Eine genaue Diagnose kann deshalb letztendlich nur ein Arzt stellen. Dieser kann zum Beispiel durch spezielle Untersuchungen auch abklären, ob überhaupt eine saisoal-abhängige Depression vorliegt oder ob die Symptome nicht vielleicht doch auf eine andere Form der Depression hindeuten. Eine genaue Unterscheidung ist dabei wichtig, denn die jeweiligen Behandlungsansätze können mitunter recht unterschiedlich sein.
Behandlungsmöglichkeiten und Therapieansätze
An dieser Stelle sei noch einmal auf unseren medizinischen Hinweis am Ende dieses Artikel verwiesen. Nun aber zu den Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene der Winterdepression. Das Gute dabei direkt vorweg: die Winterdepression ist von allen Formen der Depression wohl am einfachsten und erfolgreichsten zu behandeln. Grundsätzlich kann man bei den Therapieansätzen zwischen der ursächlichen Behandlung und der symptomatischen Behandlung unterscheiden.
Ursächliche Behandlung
Da die Winterdepression wie jede andere Krankheit auch eine Ursache besitzt, sollte der Fokus auch hier vor allem bei der Beseitigung dieser Ursache liegen. Im Fall der Winterdepression liegt die Ursache der Erkrankung wie bereits erklärt vor allem im Tageslichtdefizit, das während der Wintermonate entstehen kann, begründet. Dieses Tageslichtdefizit kann man sehr effektiv mit einer Lichttherapie beseitigen.
Symptomatische Behandlung
Eine symptomatische Behandlung kann in Betracht gezogen werden, wenn eine ursächliche Behandlung schwierig oder gar nicht durchführbar ist. Da hier die eigentliche Ursache der Erkrankung nicht beseitigt wird, geht es bei der symptomatischen Behandlung vor allem um die Therapie der jeweils auftretenden Symptome. Bei der saisonal-abhängigen Depression bzw. Winterdepression wird hierbei vor allem auf die Einnahme von Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) gesetzt.
Einige Ärzte halten dies jedoch – besonders bei schwächeren Verläufen und gerade unter Berücksichtigung der relativ häufig auftretenden und nicht zu unterschätzenden Nebenwirkungen von Antidepressiva – für „Mit Kanonen auf Spatzen schießen“ und empfehlen in diesen Fällen oft eine alternative Behandlung mit Präparaten auf Basis der natürlichen Heilpflanze Johanniskraut.
Wichtige Fragen und Antworten
Einige Fragen werden zum Thema Winterdepression häufiger gestellt. Wir haben einige dieser Fragen gesammelt und sie beantwortet.
Woran erkennt man eine Winterdepression?
Die Winterdepression ist durch diverse Symptome gekennzeichnet, an denen man sie relativ gut erkennen kann. Von einer Eigendiagnose raten wir dennoch ab, da nur ein Arzt die Winterdepression zuverlässig von anderen seelischen und körperlichen Erkrankungen abgrenzen kann.
Was ist der Unterschied zwischen Winterblues und Winterdepression?
Als Winterblues wird eine abgeschwächte Form der Winterdepression bezeichnet. Wissenschaftliche Untersuchungen besagen, dass sich der Lichtmangel während der Wintermonate bei bis zu 25 Prozent der Bevölkerung durch Symptome, wie sie bei einer Winterdepression auftreten, bemerkbar machen. Beim Winterblues sind die Symptome jedoch deutlich weniger ausgeprägt und im Verlauf zudem auch kürzer anhaltend.
Was tun gegen Winterdepression?
Obwohl die saisonal-abhängige Depression im Frühling meist von allein weggeht, sollte sie behandelt werden, damit Betroffene nicht den ganzen Winter unter den Symptomen leiden. Detailierte Informationen zur Behandlung der Winterdepression gibt es unter dem Punkt „Behandlungsmöglichkeiten“.
Wie lange dauert eine Winterdepression?
Die Winterdepression ist dafür bekannt, dass sie nur während der dunklen Jahreszeit auftritt. Sie dauert folglich längstens vom Herbst bis in den Frühling. Der genaue zeitliche Verlauf im Einzelfall ist jedoch immer individuell verschieden und von verschiedenen Faktoren abhängig.
Wann beginnt die Winterdepression?
Da Lichtmangel den Hauptgrund für die Winterdepression darstellt, kann die Krankheit bereits in den Herbstmonaten auftreten. Oftmals macht sich das Lichtdefizit jedoch erst etwas verzögert bemerkbar, so dass der November ein Zeitpunkt für einen typischen Beginn ist.
Wann endet die Winterdepression?
Die Winterdepression klingt meist im Frühjahr von allein wieder ab. Voraussetzung dafür ist, dass der Körper wieder genügend Sonnenlicht aufnehmen kann. Dies ist üblicherweise ab März bis April der Fall.
Wie kann man die Winterdepression verhindern?
Die saisonal-abhängige Form der Depression ist dadurch gekennzeichnet, dass sie jedes Jahr erneut auftreten kann. Aus diesem Grund sollte man der Winterdepression bereits im Herbst vorbeugen. Am besten gelingt dies, wenn man auch während der kalten Jahreszeit regelmäßig im Freien unterwegs ist, denn selbst an trüben Tagen strahlt die Sonne noch genügend Licht aus, das der Mensch aufnehmen kann. Als ergänzende Vorbeugemaßnahme oder wenn ein regelmäßiger Aufenthalt im Freien nicht möglich ist, hat sich auch die Lichttherapie mit einer Tageslichtlampe als ebenso wirksam erwiesen.
Medizinischer Hinweis
Wir raten von einer Eigendiagnose und einer Behandlung in Eigenregie dringend ab! Wer meint, dass er an Winterdepression leiden könnte, sollte einen Arzt aufsuchen und im Falle einer gesicherten Diagnose mit diesem die Behandlungsmöglichkeiten besprechen. Die Ausführungen in diesem Artikel sind auch nicht als individuelle Handlungs- bzw. Therapieempfehlungen zu verstehen, sondern als allgemeine Informationen zum Thema.